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AutorenbildAnne

Unsere Hochzeit ∞ Heiraten in Portugal

Selten hat man die Möglichkeit sich vollständig selbst zu verwirklichen. Selten, aber zur Hochzeit geht es doch genau um das. Oder? Sich und seinen Vorstellungen gerecht werden. Seine Träume zu erfüllen. Seine Traumhochzeit zu erleben. Genau das war es für mich: Mein absoluter Traum. Und es gibt wenig, dass ich heute, nach vier Jahren Ehe anders hätte machen wollen.

Wie waren wir eigentlich auf die Idee gekommen, in Portugal zu heiraten?

Das gebe ich im vorangegangenen Beitrag preis. Das Wetter scheint stets bombastisch gut, das Essen ist lecker, die Preise moderat und man kann oder konnte noch vor wenigen Jahren recht unkompliziert direkt am Strand heiraten. Und: Wer in Portugal den Bund der Ehe mit Standesbeamten schließt, der ist auch vor deutschem Recht standesamtlich getraut.

ALLE SIND DA.

Portugal also. Alle sind da. Grandiose Freunde und die engste Familie, die wir eingeladen haben. Nur wenige konnten nicht, meist mit Kleinkindern, aus guten Gründen. Und die, die es machbar gemacht haben, sind nun da und kommen nach und nach an in unserer gemieteten Finca und den ausgesuchten Hotels der Umgebung. Wir haben uns dazu entschieden, an einem Samstag zu heiraten, das Brückentagswochenende um Männertag nutzend. Wir wollten, dass alle so viel Urlaub wie möglich genießen können und nur so viel Hochzeitsvorbereitungsstress wie nötig mitbekommen sollten.

TRAUMSTRAND EBEN.

Die Ersten waren meine Schwester und ihr Freund, wir und unser Dekorationsgenie Janet mit Mann und Videograf Pierre von @twonakedsouls, mittlerweile wohnhaft auf Mallorca. Die Zwei sind mit allen Dekoartikeln, Trockenblumen und Leihgeschirr in ihrem Van nach Portugal gefahren. Ein Roadtrip, der mit einer Hochzeit endet. Traumhafter Beruf, wenn ihr mich fragt. Wir treffen uns im Hotel nahe dem Hochzeitsstrand, um alle Vorbereitungen in der Theorie durchzugehen und den Ort der Trauung gemeinsam zu inspizieren. Aus meiner Sicht ist es ein Präsentieren, denn wir sind sehr stolz darauf, dieses Fleckchen gefunden zu haben. Ein wunderschöner Strand mit Riesenmuscheln, wundervollen, landestypischen Felsvorsprüngen und bohemian anmutende Strandliegen mit Schirmen. Aber vor allem ist es ein kaum besuchter Strand. Weder im Oktober bei der Erstbesichtigung, noch jetzt. Ende Mai. Traumstrand eben. Und das, so möchte ich behaupten, empfinden wir alle, wie wir da oben am Vorsprung stehen und das Strandpanorama bestaunen und den Wellen lauschen.

Es ist Mittwoch. Nur noch drei Tage bis zu unserem großen, hoffentlich unvergesslichen Tag. Wir wechseln unser Domizil und tauschen das schöne Hotelzimmer im Süden der Algarve gegen das Familienweingut inmitten der Weinberge im Herzen von Südportugal.

Ein kraftvolles, blauen Tor trennt uns noch von der Unterkunft. Wir geben den Zahlencode ein und schließlich öffnet sich die Pforte. So wie wir werden heute noch auch noch unsere Freunde hier stehen und schließlich von zahlreichen Olivenbäumen und Weinreben empfangen. Und von Amêndoa (Portugiesisch: Mandel), dem Golden Retriever und Wachhund der Anlage. Es ist eine Unterkunft, die wir sehr zufällig bei AirBnb entdeckt hatten. Nach vielen Mails mit dem Eigentümer und der Klarstellung, dass wir hier auch feiern wollen würden, und seinem Ok, war ein weiterer Traum erfüllt. Eine Unterkunft für fast alle, nah beieinander, inmitten der Weinreben und dennoch mit genügend Abstand zueinander.

Genauer gesagt übernachten wir im Haupthaus. Dem Haus, in dem früher die Anführerin der Familie und ursprünglichen Weingutsherrin lebte, bevor sie verstarb. Zusammen mit meinen Eltern, meiner Schwester, dem Trauzeugen und unserer Tochter quartieren wir uns in die 4 Zimmer ein. 6 Freunde ziehen in das Haus 5 Minuten zu Fuß ein und kommen am gleichen Tag noch an. 5 weitere Freunde beziehen das Häuschen weiter weg, etwa 10 Minuten zu Fuß. Ich wollte ihnen die nötige Ruhe schaffen, die man sich als Eltern mit Kindern vorzugsweise abends doch herbeisehnt. Leider wusste ich nichts von der Schlange, die den Pool ebenso erfrischend fand, wie sie. Doch unser Haus ist ebenfalls mit einem Pool ausgestattet und somit ist schnell klar, wo die Badestätte sein sollte. Im Haus neben uns kommt die Familie meines Baldbräutigams unter. Eigener Pool dazu und einen wundervollen Garten. Meine Großeltern finden ein Hotelzimmer ziemlich zentral zwischen Strand und Partylocation, also unserem Weingut in Lagoa. Das empfinden wir richtig so, um jedem seinen Freiraum zu lassen. Am Donnerstag reisten alle weitere Gäste der Finca ein. Meine Eltern, Thomas Familie und schließlich auch der Trauzeuge. Gerade noch rechtzeitig, denn am gleichen Abend verabschiedeten sich die Männer ebenfalls zuerst in Richtung Partyhaus der kinderlosen Freunde und dann nach Lagos und die dort ansässigen Kneipen. Steaks, Drinks und wie sich herausstellte eine homogene Truppe und entstandenen, lustigen Anekdoten. Ich hätte Thomas auch die nackten Frauen gegönnt, aber irgendwer hatte da wohl den Riegel vorgelegt. Was das angeht, war ich allerdings reichlich auf meine Kosten gekommen. Und zwar am Vorabend bei einem unwahrscheinlich überraschenden Striplokalbesuch in der Nähe von Lagos. Überraschend, weil ich mich 22 Uhr bereits auf das Bett freute, als mich meine Schwester, Franzi und Michelle überreden, nochmal loszufahren. Mit Druckbetankung im Mietwagen für mehr Mut. Und Ausgelassenheit. Es funktioniert.

Wir. Hatten. So. Viel. Spaß!

Es ist 7 Uhr morgens am Donnerstag. Noch zwei Tage. Mein Wecker klingelt in Form von Svea, die wach wird und sich auf das Kuscheln im Bett bei uns freut. Leider kann ich ihr den Wunsch nicht erfüllen. Ich bin bereits spät dran, geht es doch mit den Girls auf einen Junggesellinnenausflug organisiert von meiner Schwester. Während mein baldiger Ehemann die Entscheidung verflucht erst 5 Uhr von seinem Abend zurückgekommen zu sein. Mit zarten 2 Stunden Schlaf auf dem Buckel wird dieser Tag seine Herausforderung, gibt es doch nebenbei dem Cateringservice das Grundstück zu zeigen und den Wein zu bekunden. Die Torte wird nebenbei auch in unserer Küche von der Freundin unseres Musikers improvisiert. Und ein paar restliche Zutaten müssen noch gekauft werden im Lidl des Nachbarortes. Ich beneide ihn nicht. Aber mir bleibt auch wenig Zeit dazu, sind wir doch bereits mit dem Speedboot unterwegs und hoffen darauf, Delfine zu sichten. Die machen sich an diesem Freitag zwar rar, dafür sind die Höhlen entlang der Algarve recht eindrucksvoll. Die Drinks im Anschluss am Hafen sind wichtig bei der prasselnden Sonne. Und die Fahrt mit der Bimmelbahn zum Beach und gemeinsamen Picknick am Strand sind einfach nur wunderschön. Diese Erinnerung brennen sich ein, ebenso wie die Sonne auf unsere Haut. Es ist ein sehr warmer letzter Maitag, der abends gekrönt wird von einem gemeinsamen Pre-Dinner mit allen, die teilnehmen möchten. Wir finden uns in der Bottega direkt neben unserer Unterkunft ein und essen köstliche, portugiesische Tapas und Fleisch vom Spieß.

Der Wein fließt, die Livemusik bringt Sonne ins Herz.

Ich fühle mich fantastisch. Ganz selig. Und ich bin voller Vorfreude auf den folgenden Tag, unseren Tag. Nur noch das Tressenkleben an meinem Hinterkopf durch meine Friseurin und Freundin Kiki @kirstinschmeink trennt mich an diesem Punkt von unserem leeren Bett und dem Traumevent am nächsten Tag.

Und da ist er. Nein, ich bekomme nichts herunter beim Frühstück. Ich drapiere stattdessen alle Hochzeitsaccessoires ordentlich auf der Kommode in unserem Zimmer und hänge mein Brautkleid vor das Fenster. Währenddessen hoffe ich, dass unsere Tochter damit gut zurecht kommt, so wenig Zeit mit mir verbringen zu können. Es muss klappen. Und auch wenn sie sich sehr an Thomas klammert an diesem Vormittag, werde ich es nach der Trauung genießen, mit ihr zu kuscheln. Dann geht alles schnell. Thomas versucht sich zwischen Svea auf der einen Schulter und einem unlängst finalisierten Gelübde auf der anderen Seite, in Ruhe fertig zu machen und wird dabei unterstützt von einem guten Freund, seinem Trauzeugen und meinem Papa.

Alinde, meine Freundin aus Teeniezeiten ist gleichzeitig auch meine Visagistin und verleiht meinem Gesicht das nötige Strahlen. Kiki kümmert sich währenddessen um die Frisuren meiner Mama, meiner Trauzeugin (meiner Schwester) und schließlich um meine Extensionsmähne und flechtet sie halboffen zu einem Zopf, exakt so wie ich es mir gewünscht hatte, aus Mangel an Eigenhaar aber skeptisch gewesen bin, ob das je möglich sein könnte. Es wurde wahr gemacht. Das Getting ready wird von Anfang an fotografisch, als auch videografisch begleitet. Das Kleid bekommt seinen großen Moment und ganz plötzlich steht da eine Braut. Eine, die sich gleich trauen wird.


Eine Überraschung für mich ist auch der gemietete Mini, mit dem mein Papa vorfährt, um mich die ungefähr 25 Minuten zum Strand zu bringen. Wir sind ganz für uns und er nutzt es, um mir kleine Details von der Vorplanung zu verraten. Wir witzeln herum und sind eigentlich beide nur nervös.

So, dass wir uns fast verfahren und dann doch pünktlich am Ziel anzukommen. Gut so, denn der Standesbeamte hatte uns im Vorgespräch versichert, pünktlich anfangen zu wollen, um einen Anschlusstermin im Ort nicht zu verzögern. Wir parken abseits der Blicke aller wartenden Gäste. Diese haben sich allem Anschein nach bereits in der Bucht des Castelo Beaches versammelt und werden sicherlich auch mit der Hitze zu kämpfen haben. Mein erster Ratschalg für das Heiraten am Strand: Schafft mehr als einen Schattenplatz, nicht nur für Kinder, sondern auch alle geduldigen Gäste ohne Sonnenschirm, Hut oder Firlefanz auf dem Kopf, der vor dem drohenden Hautkrebs schützt. Zurück am Parkplatz. Ich werde verkabelt für den Ton, Kiki kontrolliert nochmal die Haare und setzt den Schleier. Meine Schwester überreicht mir den Brautstrauß und dann schlendern wir auch schon zur Strandtreppe. Eigentlich stolzieren wir irgendwie. Vor Nervosität, aber auch vor Stolz. Und Anmut. Ich fühle mich anmutig. Und tugendhaft. Haben wir doch die Nacht getrennt voneinander verbracht. Hihi. Als wir das Go von Pierre erhalten, wird es Ernst.

Mein Herz pocht so laut.

Immer, wenn ich spannungsgeladen bin, werde ich komisch. Also ich rede dann los, ohne zu denken. Sage, was ich fühle und mache mich über etwas lustig. In diesem Fall einen Gast einer Strandmatte. Mein Papa imitiert nochmal Helge Schneider. Dann Stille. Mein Herz verlangsamt seinen Rhythmus. Da ist er. Da sind sie. Sie alle. Sie stehen da, Fächer wedelnd. Und schauen auf uns. Sie warten auf uns. Und sie wirken nicht ungeduldig. Das rechne ich allen hoch an. Trotz Hitze. Und nun doch 5 Minuten Verzögerung. Die Taschenuhr meines Papas schlägt 11:05 Uhr, nicht Punkt 11. Ob der Standesbeamte seine Rolle gedanklich schon wieder einpackt? Ruhe jetzt, albernes Ich. Platz für das Hier und Jetzt. Wir gehen vorbei an einem Opa mit seiner Enkelin, die liebevoll von Janet aus dem Bild gewiesen wird. Auf dem Holzpfad entlang hin zu ihm. Meinem Traummann, Pupsebär und bestem Freund. Und ihr, meiner großen Liebe. Meiner Tochter auf seinem Arm, ihr kleines Köpfchen dicht an seine Brust gepresst. Es wirkt leicht. Alles wirkt so sinnvoll gerade. Und stimmig. Und da ist er, mein magischster Moment.

Er wird musikalisch begleitet von Julian, der mit seiner Akustikgitarre "All of me" exakt so berührend singt wie John Legend. Gänsehaut. Papa übergibt mich am Strand vor dem nächsten Wellenschlag an meinen Mann, der mit seinem Handrücken seine Tränen trocknet. Ich liebe dich, hauche ich leise. Und dann geht es sehr schnell. Ihr müsst wissen, der André Agassi-Verschnitt von Standesbeamten hatte uns bereits gewarnt: Hochzeit am Meer klingt romantischer, als es ist. Letztlich müsse er seinen Text aufsagen und das verhallt im Wind. Irgendwie. Im Saal hätte er mehr Stimmvolumen und Möglichkeiten seine englischen Worte zu untermalen. Für uns passte es so wie es ist. Mit 2 Polizisten, die lässig am Steinfelsen lehnen und dafür Sorgen, dass wir unsere Ruhe haben. Ein paar mehr Sitzgelegenheiten hätten sicherlich ein paar der Gäste erfreut. Und meinen Wedding Backdrop habe ich vermisst. Einen Arch aus Holz. Der hätte aber dem Wind nicht standgehalten und musste kurzerhand gestrichen werden. So blicken wir auf das weite Meer. Hören zu, sprechen englisch nach, unterschreiben die Urkunde, versprechen uns die Treue und tauschen die Ringe. Tausendfach annehmlicher und auch romantischer als der Akt im Standesamt Eppendorf.

Und küssen uns.

Was genau danach passiert, verschwimmt ein wenig in meiner Erinnerung. Aber ich bin mir sicher, dass André (Name frei erfunden, damit ist der Standesbeamte gemeint) direkt nach Schluss der Zeremonie die Koffer packt und uns dem Strand überlässt. Und unseren Eheversprechen. Erst öffne ich den Brief. Seinen Brief. Er ist umwerfend schön. So romantisch. Hätte ich Thomas gar nicht zugetraut. Ein Teil dieser Zeilen ziert heute ein Sternenbild in A1 neben unserem Bett. Mein Text dagegen stinkt etwas ab. Er sollte humorvoll sein. Und lobt meinen Mann und unser Zusammensein in 11 Punkten. Dann hat er den Pokal eben gewonnen. Ich bin überwältigt. Schon jetzt. Und dann von den einzelnen Umarmungen und Liebesworten unserer Gratulierenden. Es gibt wenige Momente an diesem Tag, in denen ich wirklich herzenstief weine. Als Mama weinte beim Getting ready, als Papa mich übergab, der Part, in dem ich Thomas' rührende Worte las und vorlas, die Umarmung meines Opas. Er ist mittlerweile verstorben und cruist mit meiner Oma durch den Himmelsgarten. Aber der Augenblick, in dem er mich beglückwünscht und sich tief freut, hier dabei sein zu können und uns dankt, wie schön alles ist, dieser Moment wird auf Ewig einen Platz in meiner Erinnerung haben. Und verdammt bin ich dankbar dafür, dass er den Tag miterleben konnte.

Überhaupt bin ich an diesem Tag so dankbar dafür, dass alle den Weg mit uns gegangen sind, uns nach Portugal begleitet und mit uns gefeiert haben. Ihren Urlaub für uns verplant haben. Das rechne ich allen so hoch an. Es ist wertvoll, so ein Gefühl.

Es wird Zeit für Schatten und Wraps nach der Trauung. Und ein alkoholfreies Skall auf uns am Meer. Als sich die Gäste langsam die Treppen in Richtung Autos begeben, atmen wir auf. Gemeinsam als Frau und Mann. Und in Begleitung unserer Fotografin. Wir ziehen durch, volle Kanne Mittagssonne, Baby und lassen gleich hier die Fotos machen. Sie sind wirklich so schön. Die Kulisse ist einfach sagenhaft. Wir haben etwa 2 Stunden eingeplant und noch bis 16 Uhr Zeit. Erst dann wollen wir uns am Weingut treffen und läuten die zweite Runde ein. Die Party. Eine geniale Idee. So bleibt einfach allen genug Zeit für eine Siesta, Kleidwechsel, kühle Erfrischung oder wozu auch immer sie eben Lust haben. Wir nutzen die Zeit für das ausführliche und sehr warme Brautpaarshooting und anschließend eine entspannte Fahrt zur Finca. Mit Boxenstopp in der nahegelegenen Mall für ein Sitin bei Burger King. Wir haben einfach so einen unkontrollierbar großen Appetit.

Es ist Whopperzeit.

Und Susan nutzt den ungewöhnlichen Stopp für unkonventionelle Fotos im Parkhaus und beim Burgerbestellen mit feinem Zwirn. Ich liebe es.

Mit Völlegefühl und getrieben von freudiger Erwartungshaltung kommen wir schließlich an. Janet und Pierre arrangieren noch die letzten Stühle an der Tafel unter dem 2000 Jahre alten Olivenbaum. Svea hat sich von der Mittagsruhe mit Oma erholt. Die Torte ist fertig geworden und wird noch einmal kühl gestellt.

Während das Catering noch mit den Vorbereitungen für das Barbecue beschäftigt ist, decken wir den Getränketisch ein. So ist der Deal: Wir liefern die Drinks, das Catering kümmert sich um die Speisen und den Service. Allerdings erst nach dem Empfang. Möglicherweise etwas, das nicht sein muss, allerdings auch schön unkompliziert ist.

Die Weine sind natürlich handverlesen vom Weingut.

Wenige Stunden später ordern wir nach, da er sehr sehr köstlich schmeckt. Zudem gibt es Prosecco zum Anstoßen, kühle Soft Drinks, Long Drinks, Gin und Rum. Verdauerschnaps. Keine Cocktails. Zu viel Zucker, zu viel Aufwand, zu viel Sonne. So empfand ich es als perfekt. Wenige Minuten vor Vier öffnen wir die Flaschen und füllen die Gläser. Und nach und nach kommen unsere Gäste an, willig, die Gläser zu heben und mit uns auf den Abend anzustoßen. Das wird noch öfter passieren.


Zum Empfang spielen mein Schwiegerpapa und unser Musiker Julian Adler entspannte Songs, die genug Raum zum Unterhalten lassen. Und vom entspannten Get together gehen wir irgendwie über ins Anschneiden der Torte unter dem Olivenbaum mit Amêndoa als Wachschutz. Ich habe mir solch eine Torte zwar erträumt, aber eigentlich nicht erwartet, dass diese aus dem Stehgreif, mit einfachen Küchenmitteln und ohne Handrührgerät und einer Frau, dieich nicht kannte und sie mich nicht, zu backen im Stande gewesen wäre. Sie war es. Und auch die Torte ist unglaublich.



2. Tipp für Auslandshochzeiten: Es lohnt sich sich zu hinterfragen, welche Talente in den Gästen schlummern, sofern es wirklich sehr gute Freunde sind oder die Vertrauensbasis stark. So hat sich für uns auch alles irgendwie ergeben:

  1. Musiker = Von einem Vorevent über Sofaconcerts gefunden, Julian Adler hatte bei The Voice teilgenommen

  2. Catering = Durch Recherche entdeckt und mit Reise vorab vorgekostet, half uns zudem mit Behörden und Wasserwacht, die sich auch um die Polizisten kümmerten

  3. Hair = Meine Friseurin Kiki aus Hamburg, die so spontan und eloquent war, Ja zu sagen

  4. Makeup = Meine langjährige Freundin Alinde, die ihre Ausbildung bei Douglas absolvierte und heute für Dior arbeitet

  5. Fotografin = Über Instagram zueinander gefunden

  6. Torte = Freundin von Julian und gelernte Bäckerin

  7. Weingut = Ein Schatz, den wir über Airbnb fanden

  8. Strand = Google Maps Fundort und durch Reise vorab für traumhaft und geeignet erklärt

  9. Standesbeamter = Recherche in der Nähe des Strandes und Prüfung, ob für nichteinheimische Strandhochzeit offen

  10. Weine = Jackpot durch Finca

  11. Dekoration = Durch Recherche bei Instagram auf Janet gestoßen, die zu jener Zeit noch @mehrkonfettibitte hieß, nun @twonakedsouls und meinen Stilwunsch sofort verstand

  12. Videograf = Pierre, der Ehemann von Janet, der auch den Van mit allen Dekoartikeln heil nach Portugal lenkte

  13. DJ = Der Freund eines ursprünglich gebuchten, dann verbuchten DJs, der uns nicht hängen lassen wollte und klasse war.

  14. Kleid = IAY (Label: Zetterberg Couture), weil ich zufällig den Pop-up Laden beim Besuch meiner Mama in Hamburg sah.

Vielleicht hatten wir Glück. Vielleicht sollte es aber auch genau so sein.

Und mit dieser Power an starken, hilfsbereiten und aufrechten Menschen, fühlte ich mich geborgen. Und besonders.

Mit Hochgefühl und einem Stück Torte im Bauch, geben wir uns dem sonnigen Tag hin. Mein Papa und der Mann meiner Schwester sind indessen damit beschäftigt, das Mini Cabrio zurückzubringen. Gerade rechtzeitig zur Fotosession. Ohne Gruppenbild, ohne uns. Susan knipst fleißig, während auch die Reden versetzt gehalten werden. Zuerst meine Trauzeugin, dann Thomas Trauzeuge und langjähriger Freund Philip.

So viele herzliche und rührende Worte mit Anekdoten aus der Jugend. Ich habe mich erneut einfach nur selig gefühlt. Wir kommen an diesem Tag im Übrigen komplett ohne typisches Programm oder Spiele aus.

Das war unser Wunsch. Und er wurde ernst genommen.

Eine Fotochallenge und Polaroid für unser Gästebuch ist das Einzige, was dem einer Aufgabe gleichkäme.

Zum Aperitif begann der DJ die Starter Playlist laufen zu lassen. Mit Midnight Oil und Oldies wie Umbrella zum Warmwerden. Ich habe es es genossen. Auch die am Tisch flambierten Chorizo und andere Fingerfood-Spezialitäten.



Es füllte gleichzeitig die Prosecco- und Weinhöhle im Bauch. Wichtig also. Da sich die Sonne langsam ihren Weg gen Horizont bahnt, drängelt Susan uns nochmal zum Weinfeld, um die Stimmung mitzunehmen und den Schleier nochmal im Sonnenuntergang und dem goldenen Licht in Szene zu setzen. Pierre bittet uns gleich noch ein paar Schritte weiter zu gehen, um noch Bilder in motion zu bekommen und wir liegen uns in den Armen, sehen uns tief in die Augen und küssen uns verboten oft und innig. Es macht Lust auf die Hochzeitsnacht.



Zurück am Tisch sind wir kinderlos, unsere Maus ist eingeschlafen und liegt schlummernd in ihrem Kinderbett. Ab jetzt beginnt die Babyfonphase. Ohne Zwischenfall, zum Glück. Sie wird erst kurz vor 8 Uhr am nächsten Tag wach werden und uns aus dem kurzen Schlaf wecken. Jetzt aber sitzen wir erneut an unserer Tafel unter dem traditionswürdigen Baum und mein Papa beginnt seine Rede. Als er endet, sind weder seine, noch meine Augen trocken geblieben. Er ist so stolz und freut sich Thomas offiziell als Schwiegersohn in unserer Familie zu begrüßen. Der Hauptgang ist direkt am Livegrill mit Buffet für alle Beilagen abholbereit. Warm und frisch gegrillt, Oder kalt und gut gewürzt. Genau wie beim Vorkosten war ich total überzeugt. Ich glaube, unseren Gästen hat es auch geschmeckt,

Zum Dessert krönt mein Schwiegerpapa dann den Abend mit seiner Rede und dem selbst gespielten Song. Da der Vibe passt, gibt der DJ das Zeichen für den ersten Tanz. Ich rette Thomas aus seinem Versteck heraus und wir stellen uns auf die Rasenfläche für den ersten Tanz. Ich wollte unbedingt einen Tango. Besonders und einzigartig sollte der Tanz sein. Sexy eigentlich. Wir zeigen das Beste, das nach 3 Tanzstunden hängen geblieben ist. Während ich hoffe, dass sich Thomas an ein paar Figuren erinnert, schiebt er mich eigentlich nur schräg vor und schräg zurück. Aber irgendwie ist es mir egal. Ein bisschen lächerlich zwar, mir überhaupt den Tango ausgesucht zu haben, aber wir ziehen durch. Die vollen 3,5 Minuten. Und sind beide heilfroh, als wir zu dem nächsten Song umschwenken. Und ab geht die Party. Von typischen Hits, über Black zu Minimal. Ich tanze und tanze und lächle und versuche mich zwischendrin zu unterhalten. Aber die Anspannung und das Abklingen dieser muss raus. Selbst der Sirtaki mit allen ist drin. Und gut. Es tut so gut.

Janet initiiert noch unseren Tanz durch das Wunderkerzen-Spalier.

Genauso habe ich es mir erhofft.

Susan hat mittlerweile den Objektivschutz aufgezogen und hat uns verlassen. Pierre hält noch drauf. Wir tanzen. Meine Großeltern verabschieden sich per Taxi in ihre Hotels. Thomas ist Entertainer und versucht sich mit allen zu unterhalten. Die Gläser halbvoll. Die Gäste auch. Es ist langsam spät. Der DJ möchte einpacken. Der Weingutverwalter gibt auch zu verstehen, dass wir langsam zum Ende kommen können. Wir entscheiden uns für Everybody (Backstreet Boys), Wannabe (Spice Girls) und Pocahontas (AnnenMayKantereit) als Abschlusssongs. Haben wir dem Pool den ganzen Tag lang eher von der Seite zugelächelt, sollte auch er noch seinen großen Moment bekommen. Denn der "harte Kern" stellt sich zum kürenden Abschluss des Abends am Rand des Pools auf und springt auf Drei.



Was für ein Glücksgefühl! Und Adrenalin. Gemeinsam singen wir "Oh happy day" à la Sister Act 2, angestimmt von meinem Papa. Gospel auf Gin. Und natürlich hat sich davor keiner um Handtücher Gedanken gemacht. Wir beschließen nun wirklich das Ende unseres traumhaft erwünschten Tages. Unserer Hochzeit. In Portugal. O nosso casamento de sonho no Algarve.

 

Copyright Fotos by Susan Schaper.

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